Mit der Geschichte des alttestamentlichen Israels illustriert Gott die geistliche Entwicklung, die wir durchlaufen. Sein Plan umfasst fünf Höhepunkte: 1. Berufung, 2. Freisetzung, 3. Herrlichkeit, 4. Wiederherstellung und 5. Erhöhung. Zuerst beruft uns Gott: Wir entdecken unsere Bestimmung, dass wir für Ihn geschaffen wurden. Irgendwie begegnet er uns. Wir nennen das Bekehrung, wenn der Heilige Geist unsere innere Ausrichtung verändert (Level I). Nun folgt ein Prozess der Verwandlung. Er führt zu dem Punkt, wo wir nicht nur von Sünde, sondern auch von deren Auswirkungen befreit werden. Der Auszug aus unserem alten Leben ohne Gott ist an einem Punkt abgeschlossen, den wir als unseren persönlichen Exodus bezeichnen können (Level II). Danach treten wir in eine Phase ein, in der wir entdecken, dass Jesus eine Beziehung mit uns aufbauen möchte. Er bewirkt in uns eine Sehnsucht nach Freundschaft und Liebe zu Gott – eine Beziehung, die mit dem Bild von Christus und Seine Braut umschrieben wird. Dabei lockt Er uns in den Alltag hinein, damit wir durch Seinen Heiligen Geist geleitet werden. Wir erleben, wie Er uns immer wieder Seine Gegenwart spüren lässt. Das erste Mal, wenn Jesus sich uns punktuell manifestiert, haut es uns fast um: Die Bibel nennt das Herrlichkeit (Level III). Doch damit sind wir noch nicht am Ende. Es geht zum nächsten Highlight. Wenn du diesen Sog nach Mehr spürst, diese Sehnsucht, auf den nächsten Level vorzudringen, dann lies diesen Teil.

490 Jahre nach der Manifestation der Herrlichkeit Gottes im Tempel Salomos (vgl. Teil 3) sollte ein weiterer Höhepunkt auf dem geschichtlichen Kalender Israels folgen: der Wiederaufbau Jerusalems, der durch den Aufbau der Stadtmauern zum Ausdruck kam. In nur 52 Tagen war die Mauer Jerusalems unter der Leitung Nehemias, dem Mundschenk Arthasastas, der zu dieser Arbeit wie durch ein Wunder von diesem heidnischen König ausgesandt war, fertiggestellt. Dies war eines der schnellsten Bauwerke in der Geschichte und es hat eine geistliche Bedeutung, die oft übersehen wird.
Als in Offenbarung 21 dem Apostel Johannes die zukünftige Braut Jesu gezeigt wird, wird sie mit einer Mauer verglichen. Der Mauerbau und die dazu gehörenden Ereignisse beschreiben also den Prozess der Zubereitung der Braut Jesu. Schon Sulamith, die Braut aus dem Buch Hohelied, erklärte: „Ich bin eine Mauer.“ (Hl 8,10) So hörte Johannes den Engel sagen:
„Komm her! Ich will dir die Braut, die Frau des Lammes, zeigen. Und er führte mich im Geist hinweg auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie aus dem Himmel von Gott herabkam, und sie hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein kristallheller Jaspisstein; und sie hatte eine große und hohe Mauer …“ (Offb 21,9-12)
Was ist das für eine Mauer?
Während Johannes nach Worten ringt, um die Herrlichkeit der Mauer und des neuen Jerusalems zu beschreiben, gibt es zwei einfache Wahrheiten, die den Level IV unserer geistlichen Reife auszeichnen. Sie leiten sich aus der richtigen Grundlage und den kostbaren Steinen der Mauer ab. Während die richtige Grundlage die Identifikation mit dem Erlösungsplan Jesu und Seines Blutes ist, zieren die kostbaren Steine solche Menschen, die den Kampf der Überwinder erfolgreich führen; denn der Mauerbau ist hart umkämpft.
Die richtige Grundlage
In der Offenbarung des Johannes wird gesagt, dass die Mauer auf 12 Fundamenten aufgebaut ist, in denen die Namen der 12 Apostel stehen (V. 14). Sie waren es, die uns das Verständnis für den Erlösungsplan und die Bedeutung des Blutes Jesu gegeben haben. Man könnte auch sagen, bezüglich des Erlösungsplanes erhalten wir im Alten Testament und den Evangelien ein Abbild, eine Fotografie des Planes, in den Lehrbriefen des Neuen Testamentes jedoch die entsprechende Röntgenaufnahme - wir erfahren den Hintergrund. In den Evangelien sehen wir, dass Jesus starb; doch erst Paulus erklärt uns, was dabei geschah. Alles hängt davon ab, wie fest wir auf dieser Grundlage stehen.
Machen wir uns nichts vor: In dem Moment, wo wir uns aufmachen, um auf diesem 4. Level an dem Mauerbau, der Zubereitung der Braut Jesu, aktiv mitzuwirken, macht sich der Feind Gottes auf, um dies zu verhindern. In der Geschichte Nehemias gab es einen Sanballat, den es ärgerte, dass jemand um das Wohl der Israeliten besorgt war (Neh 2,10); er spottete (Neh 2,19), wurde zornig (Neh 4,1.7), gedachte Böses zu tun (Neh 6,2) und wollte Nehemia mit Furcht einschüchtern (Neh 6,14). Sanballat ist hier ein Abbild für Satan und seine Helfershelfer. Der Apostel Petrus gewährt uns einen Blick in die geistliche Welt, indem er an Christen schreibt, dass der Teufel wie ein brüllender Löwe umhergeht: „Seid nüchtern, wacht! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann..“ (1Petr 5,8) Doch in Offb 12,11 erfahren wir, dass wir durch das Blut des Lammes erfolgreiche Überwinder sind.
Wir sind in der Erlösung gefestigt, wenn das Blut Jesu eine tägliche Bedeutung für uns hat. Als ein Teil am Leib Jesu werden wir vom Blut Jesu durchströmt, oder wir sind nicht mehr Teil dieses Leibes. Wenn das Blut nicht mehr durch uns fließt, beginnt ein Absterbeprozess. Strömt es durch uns, hat es eine aktuelle Bedeutung und wir erfahren die Kraft der Vergebung.
Während sich die Sünde seit Adam weiter in dieser Welt ausbreitete, hatte Gott von Anfang an den Erlösungsplan für uns vorgesehen. Die Israeliten sollten am 10. Tag eines Monats ein Lamm „aussondern“, aber erst am 14. Tag schlachten – vier Tage später (2Mo 12,3-8). Ein Tag wird in der Bibel häufig mit 1000 Jahren verglichen (Ps 90,4; 2Petr 3,8). Das heißt, dass zwischen der Aussonderung des Lammes und der Opferung des Lammes 4000 Jahre lagen.
„Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, 19 sondern mit dem kostbaren Blut Christi als eines Lammes ohne Fehler und ohne Flecken. 20 Er ist zwar im Voraus vor Grundlegung der Welt erkannt, aber am Ende der Zeiten offenbart worden um euretwillen …“ (1Petr 1,18-20)
In einer Zeit, in der die Themen Freundschaft, Beziehungen und Authentizität wieder neu als essentielle Elemente der Verbundenheit der Gemeinde entdeckt werden, erkennen wir zugleich, dass eine Gemeinschaft, die nur auf diesen sozialen Komponenten allein aufgebaut ist, nicht bestehen bleiben kann. Wir mögen eine Gemeinschaft haben, aber keine Gemeinde, einen sozialen Club, aber keine Braut Jesu. So wie die Mauer des Neuen Jerusalems muss sie auf der Grundlage des Blutes Jesu gegründet sein. Das ist das, was mit der Grundlage der Apostel gemeint ist. Nachdem unter Esra und Nehemia und Haggai die Opfer im wieder errichteten Tempel erneut aufgenommen wurden und das erlösende Blut wieder gewürdigt wurde, entstand das geistliche Phänom einer Einheit, die nur Gott selbst machen kann, und die für die Gemeinde, die Braut Jesu, so entscheidend ist: "da versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann auf dem Platz." (Neh 8,1)
Kostbare Steine für die Überwinder
Ein weiterer kostbarer Gedanke sind die vielen wertvollen Edelsteine in der Mauer des Neuen Jerusalems: „Die Grundsteine der Mauer der Stadt waren mit jeder <Art> Edelstein geschmückt.“ (Off 21,19) Was bedeutet dies? In seiner Verheißung an die Gemeinde sagte Jesus: „Wer überwindet, dem will ich geben von dem verborgenen Manna und will ihm geben einen weißen Stein; und auf dem Stein ist ein neuer Name geschrieben, den niemand kennt als der, der ihn empfängt.“ (Offb 2,17) Letzten Endes hat dieser Stein wohl etwas mit der Offenbarung über Jesus zu tun, der von Petrus als der „lebendige Stein“ bezeichnet wird, „von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar.“ (1Pet 2,4). In den letzten 18 Jahren meines Lebens, in denen ich im Lehrdienst stehe, habe ich beobachtet, dass Gott mir die schönsten Offenbarungen und Geheimnisse Seiner Person meistens in den hart umkämpften Zeiten gegeben hat. Als wir für unsere wachsende Gemeinde ein größeres Gebäude brauchten, fiel ich als junger Pastor auf einen sog. Haifisch-Christen herein. Unser neuer, angeblich christlicher Vermieter betrog uns mit einer Wuchermiete und ging einen Monat nach Einzug in den Bankrott. Wir sahen keinen anderen Ausweg mehr, als das neue Gemeindehaus zu ersteigern, um die monatlichen Kosten tragen und ertragen zu können. Ich erinnere mich, wie mein Glaube auf den Prüfstand geriet. Hatte ich als verantwortlicher Pastor richtig von Gott gehört? Doch gleichzeitig war es auch die Zeit, in der mir Gott Offenbarungen über ganz neue Seiten seiner Person zeigte. Ich entdeckte, wie die Betonung des Charakters noch viel wichtiger als die des Charismas war. In anderen schweren Zeiten von Gemeindespaltungen entdeckte ich die Bedeutung und das Geheimnis der Versöhnung. Ich verstand, warum der Himmel in Freude ausbricht, wenn ein Mensch Busse tut: weil in diesem Moment aus einem Feind ein Freund Gottes geworden ist. Das ist mehr als Vergebung, das ist Wiederherstellung einer Beziehung. Ich erkannte: Vergebung ist eine Sache, aber Feinde zu lieben und Versöhnung zu erleben ein noch viel größerer Sieg, der einen wahren Überwinder auszeichnet! Ich streckte mich ganz neu nach diesem Edelstein aus.
Es müssen nicht 70 Jahre Babylon sein
Die Mauer, so wie sie in der Offenbarung beschrieben wird, ist mit den herrlichsten Steinen verziert. Doch sie ist auch hart umkämpft. Nichts ist dem Feind Gottes lieber, als dass wir nur schöne Predigten hören, aber sie niemals umsetzen und zu fröhlichen Überwindern werden. Weil die Israeliten zwischenzeitlich vom geistlichen Kurs abgewichen waren, verzögerte sich der Aufbau der Mauer um die bekannten 70 Jahre der babylonischen Gefangenschaft.

Wir erkennen, dass die 70 Jahre babylonische Gefangenschaft nicht von Gott verordnet waren. Stagnation und Stillstand gehören nicht zum Plan für unser Leben. Zwar hörte Gott in jener Zeit nicht auf, zum Volk zu reden, z.B. durch die Propheten Hesekiel und Daniel, doch Gottes Uhr begann erst wieder zu ticken, als die Juden aus Babylon zurückkehrten und in seinen Plan eintraten. Dies geschah zuerst unter der Leitung Serubbabels (im Geschlechtsregister Jesu erwähnt und als „Siegelring“ bezeichnet). Gott hielt an seinem Bund fest. Und dann kehrte der nächste Schwung unter Esra zurück, der als Bibellehrer dem ganzen Volk zu einem geistlichen Durchbruch verhalf. Während dabei der Tempel Salomos, den Nebukadnezar zerstörte, wieder aufgebaut wurde und eine großartige Erweckung unter den Juden geschah, prophezeite der Prophet Haggai von dem künftigen Tempel der Gemeinde. Dieser Tempel ist die Braut Jesu, es ist die Mauer des Neuen Jerusalems.
Nichts kann heute Gottes Mauerbau aufhalten, kein Sanballat in unserem Leben mit seiner Einschüchterung oder Verleumdung, doch wir können und müssen uns entscheiden, am Mauerbau mitzuwirken. Die Mauer besteht aus Überwinder-Christen, die mit dem König der Könige in Gemeinschaft leben und regieren. Sie erleben die Herrschaft Jesu, Veränderung von Herzen und Lebensumständen. Es ist Braut des Lammes aus der Offenbarung, die überwindende Braut Jesu, die in diesen Tagen immer näher zusammenrückt - denn die Mauer schließt sich.
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